Kasel (Messgewand) mit Kreuzigung Christi
Kasel (Messgewand) mit Kreuzigung Christi Gewandstoff: um 1400, Stickerei: Frühes 16. Jahrhundert  Diözesane Sammlung L. Deinhardstein, L. Rastl

Gewandstoff: um 1400, Stickerei: Frühes 16. Jahrhundert
Objektart
Textil
Material
Gewandstoff: französisch, um 1400, Atlasseide; Kaselkreuz: österreichisch oder böhmisch, frühes 16. Jahrhundert, Gold-, Silber- und Seidenfäden
Sammlung
Dom Museum Wien, Schenkung Kardinal Joseph Othmar Ritter von Rauscher (1853 - 1875)
Inv.Nr.
I/1
Textil
Textil
Mittelalterliche Kunst
Derzeit nicht ausgestellt
Foto
L. Deinhardstein, L. Rastl
Kasel mit Kreuzigung Christi
Dieses kostbare, im Barock aus mittelalterlichen Teilen zusammengefügte Messgewand birgt viele Symbole und Bedeutungsebenen.
Die Kasel ist das Obergewand des Priesters bei heiligen Messen. Das Stück des Dom Museum Wien besteht aus zwei verschiedenen textilen Elementen: einem gestickten Kreuz auf rotem Atlas, die ursprünglich nicht zusammengehört haben. Das Kreuz, das ursprünglich auf einer anderen Kasel angebracht gewesen sein wird, wurde vermutlich erst in der Barockzeit appliziert. Auf dem roten Gewebe stechen ausgefallene Ornamente ins Auge, wobei sich bei genauem Hinsehen zwei Motive erkennen lassen: ein wiegenförmiger Rost und eine Steinzange. Bei beiden handelt es sich um Baustellengeräte, mit denen man Materialien von beträchtlichem Umfang heben konnte. Allerdings werden sie nicht – gemäß ihrem mittelalterlichen Gebrauch – an einem Kran befestigt dargestellt, sondern von einer Hand in einem dunklen, weiten Ärmel mit hellem Saum gehalten. Diese tritt aus einem Wolkenband hervor und deutet somit die Hilfe Gottes beim Bau an. Dieses ungewöhnliche Programm lässt vermuten, dass das Messgewand von einer Steinmetzbruderschaft gestiftet wurde. Das Kreuz ist mit Gold- und Silberfäden in aufwendigem Hochrelief gestickt. Eine Kasel hat einen hohen symbolischen Wert – sie steht für die Liebe Christi. Das Ankleideritual des Priesters, der Einsatz kostbarer Farben wie Gold, hochwertige Materialien wie Atlas und aufwendige Techniken wie die der Hochreliefstickerei unterstrichen ihre Bedeutung. Da der Priester im Mittelalter und darüber hinaus die Messe mit dem Rücken zum Volk zelebrierte, überrascht das Kreuz auf der Rückseite der Kasel nicht: Wenn der Priester bei der Wandlung die Hostie erhob, fügten sich aus Sicht der Gläubigen der Leib Christi und die Darstellung des Gekreuzigten zu einer den Opfertod versinnbildlichenden Einheit.