Vereins- oder Teilhabeobjekt
Vereins- oder Teilhabeobjekt 1967 Bruno Gironcoli (* 1936 Villach, Österreich + 2010 Wien, Österreich) Sammlung Otto Mauer © Bruno Gironcoli; Foto: L. Deinhardstein, L. Rastl
Bruno Gironcoli (* 1936 Villach, Österreich + 2010 Wien, Österreich)
1967
Objektart
Grafik
Material
Bleistift, Tusche, Kupferbronze auf kariertem Papier
Sammlung
Dom Museum Wien, Sammlung Otto Mauer
Inv.Nr.
OM/632
Mischtechnik
Grafik
Moderne und Gegenwartskunst
Derzeit nicht ausgestellt
Foto
© Bruno Gironcoli; Foto: L. Deinhardstein, L. Rastl
Vereins- oder Teilhabeobjekt
Mit dieser Arbeit ist das Werk des großen Einzelgängers Bruno Gironcoli in allen Ausprägungen zu spüren: Durch Titel und Metallfarbe wird die Grafik ein Stück weit zur Skulptur.
Den Großteil der unteren Bildhälfte dieser vier zusammengeklebten Linienspiegel füllt eine Platte mit drei Beinen und einer uneben anmutenden Oberfläche. Aus ihr wachsen zwei Gebilde, die an überdimensionierte Wurstketten erinnern und die Form eines Herzens bilden. Dieser Aufbau erinnert an ein Objekt, das sich häufig in Gasthäusern findet und spezifische Tische mittels eines Schildes als „Stammtisch“ ausweist. Dazu passt der Titel „Vereins od. Teilhabeobjekt“. Auf dem Bild wird das Gestell monumentalisiert, indem es zu einer Figur in Beziehung gesetzt wird: Diese Figur – es ist nicht eindeutig, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt – ist mit einem Anzug bekleidet und bildet das Zentrum der Arbeit. Die Arme in die Höhe gestreckt, hält sie in jeder Hand ein braunes Oval, das an einen Laib Brot denken lässt. Es wirkt, als ob die Stücke soeben von den Kettenenden gepflückt worden wären. Das Bild ist symmetrisch aufgebaut – Ausnahmen sind die schattenhaften Partien auf dem Tisch und die Skizze rechts, die das Objekt en miniature im Profil zu wiederholen scheint. Bruno Gironcoli hat den Tisch, den Aufsatz und die beiden ovalen Gebilde mit einer Farbe aus Kupferbronze gemalt – ein Material, das der österreichische Künstler oft auch für seine monumentalen Metallskulpturen verwendet hat. Diese thematisieren existenzielle Themen wie das Verhältnis von Mann und Frau, Gewalt und Macht. Immer wiederkehrende Motive seiner Arbeiten sind Trauben und Edelweiß, aber auch Babies, phallische und vaginale Formen. Darüber hinaus hinterließ Gironcoli ein breites grafisches Œuvre, das von Entwürfen für seine Skulpturen bis zu Studien des menschlichen Körpers in der Tradition Alberto Giacomettis reicht. Gironcoli galt als großer Einzelgänger und war als solcher ein wichtiger Protagonist der Wiener Kunstszene: Otto Mauer widmete ihm in seiner „Galerie nächst St. Stephan“ mehrere Ausstellungen. Beinahe drei Jahrzehnte lang lehrte Gironcoli Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste Wien. 2003 vertrat er Österreich bei der 50. Biennale in Venedig.