Betende Hände
Betende Hände um 1971 Oswald Tschirtner (* 1929 Perchtoldsdorf, Österreich; + 2007 Maria Gugging, Österreich) Sammlung Otto Mauer © Privatstiftung - Künstler aus Gugging; Foto: L. Deinhardstein, L. Rastl
Oswald Tschirtner (* 1929 Perchtoldsdorf, Österreich; + 2007 Maria Gugging, Österreich)
um 1971
Objektart
Zeichnung
Material
Tusche auf dünnem Zeichenpapier
Sammlung
Dom Museum Wien, Sammlung Otto Mauer
Inv.Nr.
OM/AS 24-26
Tusche
Zeichnung
Moderne und Gegenwartskunst
Derzeit nicht ausgestellt
Foto
© Privatstiftung - Künstler aus Gugging; Foto: L. Deinhardstein, L. Rastl
Ein wichtiges Werk der Art Brut
Die zum Himmel gestreckten, betenden Hände von Oswald Tschirtner sind ein eindrückliches Beispiel für die aufs Wesentilche reduzierte Kraft der Art Brut.
Diese kleinformatige Zeichnung ist auf wenige Striche reduziert: Zwei parallele Linien am äußersten rechten und linken Bildrand werden durch vier Diagonalen miteinander verbunden. Links führen sie bis zum Blattrand. Auf den oberen Diagonalen liegen zwei Hände, die der Titel als „Betende Hände“ ausweist. Nicht zuletzt dadurch gewinnt das skizzenhafte Umfeld an Plastizität: Die sparsamen Linien erinnern an ein Kirchengestühl oder eine Gebetsbank. Es handelt sich hier um eine für die Kunstgeschichte untypische Darstellung einer Betgeste: Die Hände sind nicht gefaltet, wie etwa bei der berühmten Darstellung Albrecht Dürers, sondern ruhen auf einer Gebetsbank nebeneinander. Das Blatt ist mit „O. T.“ signiert: Oswald Tschirtner ist für seine Reduktion auf Umrisslinien und den sparsamen Einsatz von Farbe bekannt. Unverkennbar sind seine schlaksigen Figuren, die in wenigen Linien das für ihn Wesentliche festhalten. Sie werden oft als „Kopffüßler“ bezeichnet. Tschirtner ist wie August Walla oder Johann Hauser ein sogenannter „Gugginger Künstler“. Dabei handelt es sich um Patienten der Heil- und Pflegeanstalt im niederösterreichischen Maria Gugging. In den 1960er-Jahren erkannte der damalige Leiter Leo Navratil ihr künstlerisches Talent und förderte sie. Wie Kinderzeichnungen werden auch die Kunstwerke der psychiatrischen Patienten zur „Art Brut“, also zur „rohen Kunst“, gezählt, weil sie frei von jeder Beeinflussung durch die traditionelle oder zeitgenössische Kunst entstehen. Heute findet sich in Maria Gugging das international renommierte „Art/Brut Center Gugging", das neben einem Museum und einer Galerie auch das „Haus der Künstler“ umfasst, in dem die Künstler leben und arbeiten. Die „Betenden Hände“ sind Teil der Otto-Mauer-Sammlung: Im Jahr 1972 schenkte Leo Navratil dem Kunstförderer ein Konvolut von Zeichnungen und Druckgrafiken der Gugginger Künstler. In Mauers Galerie wurden ihre Werke zwei Jahre zuvor erstmals ausgestellt.