Reliquiar des heiligen Leopold
Reliquiar des heiligen Leopold 1588 Meister H. S. Diözesane Sammlung L. Deinhardstein, L. Rastl
Meister H. S.
1588
Objektart
Liturgisches Gerät
Material
Silber, teilweise vergoldet, Treib- und Ziselierarbeit, Hohlguss
Sammlung
Dom Museum Wien, Leihgabe der Pfarre St. Leopold, Wien
Inv.Nr.
L/53
Silber
Reliquie
Renaissance
Derzeit ausgestellt
Foto
L. Deinhardstein, L. Rastl
Reliquiar für den Beckenknochen des hl. Leopold
Das Reliquiar ist nicht nur aufgrund seines Inhalts wertvoll. Sein Bildprogramm ist ein Zeugnis der Selbstdarstellung Habsburgischer Macht.
Das Reliquiar für den Beckenknochen des heiligen Leopold (* 1075 Gars am Kamp oder Melk, Niederösterreich; † 1136 bei Klosterneuburg) wurde Ende des 16. Jahrhunderts von der Habsburgerin Erzherzogin Elisabeth von Österreich, Königin von Frankreich, gestiftet. Der Knochen befindet sich hinter Glas in dem vergoldeten Schrein, der sich wie ein Flügelaltar öffnen lässt. Innen- und Außenseiten der Flügel erzählen in aufwendig gestalteten Relieffeldern von den Heilswundern am Grab des heiligen Leopold. Eine herunterklappende Inschriftentafel verweist auf Provenienz und symbolischen Gehalt der Reliquie. Die Rückseite des Schreins ziert eine Darstellung der berühmten Schleierauffindung und damit der Gründungslegende des Stiftes Klosterneuburg durch Leopold III. Das Besondere an der Arbeit ist, dass es sich nicht bloß um ein Reliquiar handelt, sondern auch um eine Aufstellung von Heiligen, die das Haus Habsburg für sich beanspruchte: Der Schrein ist Mittelpunkt einer Dattelpalme, deren Stamm aus einem wild bewegten Gewässer mit Krokodilen ragt – die neu entdeckte exotische Natur wird in der Renaissance gerne dargestellt. Auf den Palmwedeln finden sich zahlreiche Figuren von Heiligen, die als „Früchte“ des Stammbaums der Familie verstanden werden sollen, wie etwa Koloman oder Wenzel – jeweils mit Wappen und Namen versehen. Auf der Mittelachse präsentieren sich mit dem Stifterpaar die einzigen zwei Nichtheiligen. Darüber steht an prominenter Stelle die Figur des heiligen Leopold, obwohl dieser ein Babenberger war. Da sich die Habsburger jedoch als deren legitime Nachfolger verstanden, propagierten sie Leopold als zu ihrer Familie gehörig. Die Zusammenstellung von Heiligen entsprach dem Bedürfnis der Habsburger, ihre Vorrangstellung unter den Adelshäusern zu dokumentieren, denn je zahlreicher die Heiligen in der Familie, desto edler das Geschlecht. Das Reliquiar diente in Verbindung mit dem Stammbaum der Legitimation der Habsburger und hat daher eine enorme politische Dimension.