Rückenschild eines Chormantels
Rückenschild eines Chormantels 1518  Domschatz St. Stephan L. Deinhardstein, L. Rastl

1518
Objektart
Textil
Material
Flussperlen, gefasste Edelsteine, Gold-, Silber- und Seidenfäden
Sammlung
Dom Museum Wien, Leihgabe der Domkirche St. Stephan, Wien
Inv.Nr.
L/47
Textil
Textil
Mittelalterliche Kunst
Derzeit ausgestellt
Foto
L. Deinhardstein, L. Rastl
Rückenschild (Cappa) eines Chormantels
Der Rückenschild befindet sich anstatt einer Kapuze am Rücken eines Chormantels. Dieser zeigt in kostbarsten Materialien und komplexer Sticktechnik drei Heiligenfiguren.
Der Rückenschild des Chormantels stammt aus der Spätgotik, der Blütezeit der Hochreliefstickerei. Er zeigt eine Dreiergruppe unter einem Baldachin: Die Gottesmutter mit dem Kind steht zwischen der heiligen Katharina und dem heiligen Jakob. Steifleinen, Watte und Pappe sorgen für das Volumen der mit Seiden- und Goldfäden bestickten Gewänder. Die aus dem Goldgrund weit heraustretenden harten Köpfe wurden in einer Form vormodelliert. Anschließend vervollkommneten feinste Stiche die zarten Frauengesichter und das herbe Gesicht des heiligen Jakob mit seinen markanten Augenwülsten und Wangenknochen. Marias Kleid besteht ausschließlich aus Perlen. Perlenreihen rücken auch die Ränder der faltenreichen Umhänge in den Blickpunkt. Die Kronen der Frauen und der Heiligenschein des Kindes setzen sich aus Perlen, Edelsteinen und Goldlametta zusammen. Die aufgenähten Metallattribute, wie Zepter oder Jakobsmuscheln, stammen von einem Goldschmied. Gesichter und Gewänder weisen Merkmale der Figuren des berühmten Nürnberger Bildschnitzers Veit Stoß (1448–1533) auf. Er betrieb in Krakau eine florierende Werkstatt, die weithin ausstrahlte. Seine Entwürfe setzten Seidensticker und Goldschmiede kunstvoll in Textilien um. Erstaunlich ist die Vorgeschichte des Schildes: Anfang des 16. Jahrhunderts zeigte der goldene, perlenbestickte Schild auf einem roten Chorumhang so deutliche Spuren der Zeit, dass er nicht erhalten werden konnte. Eine Wiener Werkstätte bekam den Auftrag, einen neuen Schild – den vorliegenden – herzustellen: Die Perlen des alten Schilds fanden Wiederverwendung, und das Bildthema der Gottesmutter mit Kind und den beiden Heiligen wurde beibehalten. Der Samtumhang selbst soll aus dem Brautrock Rudolfs IV. gefertigt worden sein. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass ihn der Herzog der Stephanskirche gestiftet hat: Denn der Habsburger orientierte sich oftmals an seinem Schwiegervater, Kaiser Karl IV., der den Veitsdom in Prag mit kostbarst geschmückten kirchlichen Gewändern ausstattete.